Der Herbst hat für mich seit jeher eine besondere Bedeutung. Schon als Kind liebte ich es, durch die goldenen Blätter zu laufen und die frische, kühle Luft einzuatmen. Doch heute sehe ich diese Jahreszeit mit anderen Augen. Sie ist für mich nicht nur eine Phase des Wandels in der Natur, sondern auch eine Zeit, in der ich selbst innehalte und über das Loslassen nachdenke – eine Fähigkeit, die mir nicht immer leichtgefallen ist. Es hat gedauert, bis ich die Kunst des Loslassens wirklich verstanden habe, doch heute weiß ich, wie wichtig sie für ein erfülltes Leben ist.

Ein Wendepunkt in meinem Leben
Vor ein paar Jahren stand ich an einem Punkt, an dem ich mich wie festgefahren fühlte. Mein Beruf, dem ich so viele Jahre meines Lebens gewidmet hatte, bestimmte fast jeden meiner Tage. Die Arbeit gab mir ein Gefühl von Bestätigung und Erfolg, aber sie nahm mir auch viel Kraft. Es war ein ‚immer mehr, immer weiter‘ – eine Spirale, die scheinbar kein Ende nahm. Der Gedanke, loszulassen und den gewohnten Pfad zu verlassen, war beängstigend. Aber ich spürte auch, dass es an der Zeit war, etwas zu verändern.
Eines Tages, es war im Spätherbst, saß ich in einem kleinen Café in Bad Cannstatt. Draußen fielen die ersten Blätter von den Bäumen vor dem Fenster zu Boden. Während ich meinen Kaffee trank und hinausblickte, fühlte ich eine seltsame Verbindung zu diesen Blättern. Sie ließen einfach los, ohne festzuhalten oder sich gegen den natürlichen Verlauf zu wehren. In diesem Moment wurde mir klar, dass ich es den Blättern gleichtun musste. Ich musste lernen, die Kontrolle abzugeben, Ballast abzuwerfen und dem Leben zu vertrauen.
Loslassen im Kleinen
Das Loslassen begann für mich mit kleinen Schritten. Es war nicht so, dass ich von heute auf morgen alle Verpflichtungen und Erwartungen hinter mir ließ. Aber ich fing an, bewusster auszuwählen, womit ich meine Zeit und Energie füllte. Ich sortierte alte Unterlagen aus, trennte mich von Gegenständen, die ich lange aufbewahrt hatte, „weil sie ja noch nützlich sein könnten“. Doch die wirklich große Veränderung geschah in meinem Inneren.
Ich ließ Erwartungen los, die ich über Jahre hinweg an mich selbst gestellt hatte. Der Gedanke, dass Erfolg und Leistung mein Selbstwertgefühl bestimmten, verlor langsam seine Macht über mich. Das war nicht immer leicht, und es gab Momente, in denen ich zweifelte. Aber mit jedem Tag, an dem ich mich von einer alten Vorstellung verabschiedete, spürte ich, wie sich mein Leben freier und leichter anfühlte.
Gespräche, die zum Nachdenken anregten
In dieser Zeit des Wandels erinnere ich mich besonders an ein Gespräch mit einer meiner Freundinnen. Sie ist eine lebenslustige und energiegeladene Frau, die mich oft inspiriert hat, das Leben lockerer zu nehmen. Wir saßen an einem kalten Herbstabend zusammen und sprachen über Veränderungen und das Loslassen. Sie sagte etwas, das mir besonders im Gedächtnis geblieben ist: „Manchmal muss man Platz für das schaffen, was wirklich wichtig ist. Wie soll das Neue kommen, wenn du ständig an Altem festhältst?“
Diese Worte gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Sie waren ein weiterer Anstoß, mich noch tiefer mit der Kunst des Loslassens auseinanderzusetzen. Es ging nicht mehr nur darum, Dinge oder Erwartungen loszulassen, sondern auch darum, Raum für neue Begegnungen und Erfahrungen zu schaffen. Und tatsächlich: Je mehr ich losließ, desto mehr öffneten sich Türen, von denen ich nicht einmal wusste, dass es sie gab.
Die Kraft der Natur
Wenn ich im Herbst durch die Wälder gehe, sehe ich, wie die Natur sich zurückzieht und neue Kraft schöpft. Dieses Bild inspiriert mich dazu, ebenfalls loszulassen, was nicht mehr zu mir passt. Der Duft nach feuchtem Laub und die Farbenpracht der Bäume erinnern mich daran, dass in jedem Ende auch ein Anfang steckt.
Ein Neuanfang im Frühling
Das Loslassen hat mich nicht nur gelehrt, Dinge oder alte Muster loszulassen, sondern auch Menschen und Beziehungen, die nicht mehr zu mir passen. Ich habe gelernt, dass wahre Freundschaft sich nicht darin zeigt, wie oft man sich sieht oder wie sehr man in den Alltag des anderen integriert ist, sondern in der Tiefe der Verbindung. So habe ich mich von einigen Bekanntschaften verabschiedet, die sich als oberflächlich erwiesen haben, und gleichzeitig die Freundschaften vertieft, die mir wirklich guttun.
Heute weiß ich: Das Loslassen ist eine Kunst, die uns lehrt, im Leben beweglich zu bleiben. Es ist ein bisschen wie Tanzen – man muss sich dem Rhythmus anpassen und bereit sein, sich führen zu lassen. Und jedes Mal, wenn der Frühling kommt, spüre ich die Kraft der Erneuerung in mir. Die Entscheidung, das berufliche Hamsterrad hinter mir zu lassen und einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen, hat mir gezeigt, dass es niemals zu spät ist, etwas zu verändern.
Den Herbst als Zeit des Loslassens nutzen
Der Herbst ist für mich heute viel mehr als nur eine Jahreszeit – er ist eine innere Haltung geworden. Er lädt mich jedes Jahr dazu ein, innezuhalten, zu reflektieren und Platz zu schaffen für das, was kommen mag. Die Kunst des Loslassens hat mir nicht nur Leichtigkeit geschenkt, sondern auch ein neues Verständnis für das Leben. Es ist befreiend zu wissen, dass wir nicht immer alles festhalten müssen, sondern vertrauen können, dass auch im Loslassen ein Zauber liegt.
Ich lade dich ein, den Herbst ebenfalls als Zeit des Wandels und des Loslassens zu nutzen. Vielleicht wirst du – wie ich – entdecken, dass es manchmal gerade das Loslassen ist, das uns am meisten bereichert.
Liebe Grüße
Gaby
